WDR-Intendant ohne Rückgrat

Über den Geschmack von Humor und Satire lässt sich ja bekanntlich vortrefflich streiten. Während ein Mario Barth mit seinen Geschlechterstereotypen aus dem Mittelalter (Zusammengefasster Inhalt jeder seiner Shows: Männer sind faul, primitiv, peinlich, bekloppt; Frauen können nicht einparken, nicht still sitzen und nicht links von rechts unterscheiden) auf der einen Seite ganze Stadien füllen kann, sehen andere in ihm allenfalls einen peinlichen Schenkelklopfer-Produzenten, der lediglich für die Eröffnungsparty eines Baumarktes taugt.

Doch im Zeitalter der Dauerempörten und des rechten Berufssorgenbürgertums hat Comedy und Satire noch eine weitere Dimension: Sie stellt die öffentlich-rechtlichen Medien immer wieder auf die Probe, ob sie einem Shitstorm aus der übelriechenden braunen Ecke stabil Stand halten kann, oder ob sie vor diesem einknicken. Das setzt auch Kunst- und Medienschaffende, aber auch JournalistInnen, immer mehr unter Druck. Eine große Hilfe könnte sein, wenn Politiker und auch die Leiter der Rundfunkanstalten öffentlich Solidarität mit ihren MitarbeiterInnen signalisieren.

Der Intendant des Westdeutschen Rundfunks (WDR) Tom Buhrow kroch da doch lieber zu Kreuze vor den rechten Pöblern und Schreihälsen.

#Umweltsau

Was war passiert?

Der Stein des Anstoßes war ein knapp eineinhalb Minuten langes satirisches Video des WDR auf deren Facebook-Seite, das den Dortmunder Kinderchor des Senders zeigt. Darin singen die Kinder das bekannte, wahrscheinlich schon in den 1930er Jahren entstandene Kinderlied „Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“, allerdings mit einem veränderten Liedtext, in dem die Umweltsünden der Oma angeklagt werden. Die Originalvorlage ist übrigens das Lied „Wir versaufen uns’rer Oma ihr klein’s Häuschen„, welches der Varietékomiker Robert Steidl (1865–1927) im Jahr 1922 veröffentlichte.

Hier eine Videoaufzeichnung der satirischen WDR-Variante:

Das kann man nun lustig finden, oder auch nicht. Geschmackssache. Und selbstverständlich darf man an diesem Liedtext auch Kritik üben, warum denn auch nicht. In diesem Punkt unterscheidet sich eine vom WDR produzierte Satire in keinster Weise von einem Greta-bashenden Dieter Nuhr im ZDF oder dem oben genannten Mario Barth bei RTL. Und ganz offen gesagt: Diese Produktion hat mich vielleicht ein bisschen zum Schmunzeln gebracht, mehr aber auch nicht; es handelt sich jetzt nicht gerade um eine Sternstunde gut gemachter Satire.

Speziell im ultrakonservativen und rechtsextremen Lager sah man das offensichtlich nicht ganz so locker. Schon kurz nach der Veröffentlichung dieses Videos brachen alle Dämme und ein Schwall rechter Hetze ergoss sich über die Macher in den sozialen Medien.

Instrumentalisierung?

So hieß es seitens der Empörten unter anderem, dass die Kinder des Chors “instrumentalisiert” werden würden. Kinder zu instrumentalisieren würde ja bedeuten, dass diese, auch gegen ihr Wissen bzw. gegen ihren Willen, für eine politische Agenda ausgenutzt oder „missbraucht“ werden würden. Nur: Welche politische Agenda soll das bitte sein? Es geht ja in dem Liedtext letztendlich um unser klimaschädliches Verhalten, welches ja mittlerweile parteiübergreifend – ausgenommen die Klimawandelleugner in den Reihen der Nazipartei AfD oder in anderen rechtsextremen Kreisen – als ein großes Problem angesehen wird. Und vielleicht ist es ja auch so, dass die Kinder das Lied mit vollster Überzeugung gesungen haben, also sich über dessen Inhalt voll im Klaren gewesen sind und es sogar singen wollten. Hat die mal jemand gefragt? Darüber hinaus ist es nach Aussage der Chorleitung sowohl den Kindern als auch deren Eltern frei überlassen worden zu entscheiden, ob sie an dem Projekt teilnehmen.

Wenn das Instrumentalisierung sein soll, wie nennt man es dann bitte, wenn Kinder auf Parteiwerbeplakaten erscheinen? Was ist es, wenn die neonazistische Partei NPD in Ostdeutschland Kinderfeste organisiert? Was ist es, wenn die CDU fordert, dass auf den Schulhöfen jeden morgen ein Fahnenappell durchgeführt werden soll? Ist das dann etwa keine Instrumentalisierung?

Und als im vergangenen Jahr die rechtsextreme AfD-Politikerin Nicole Höchst ihre 14-jährige Tochter Ida-Marie angestiftet hat, auf einem Poetry-Slam zum Thema „Zivilcourage“ in Speyer zwei rassistische Gedichte vorzutragen, hat sich aus der braunen Blase auch niemand über die Instrumentalisierung eines Kindes beklagt.

Beleidigung?

Ein weiterer Vorwurf des pöbelnden Mobs war, dass es sich bei der Benennung der fiktiven Oma als „Umweltsau“ um eine Beleidigung aller Großmütter handeln würde. Tja, da wurde also „meine Oma“, die „im Hühnerstall Motorrad fährt“ und sich jeden Tag ein Kotelett in die Pfanne haut, als „Umweltsau“ bezeichnet – schon wenn man sich dieses Bild vor Augen führt, müsste klar werden, dass der Vorwurf einer Beleidigung an Lächerlichkeit kaum zu überbieten ist. Welche real existierende Person ist denn bitte hier ernsthaft beleidigt worden? Die Oma ist in diesem abgewandelten Liedtext ein aus dem Original übernommener Stellvertreterbegriff; man könnte „Oma“ auch komplett durch „Freund“, „Freundin“, „Bekannte“, „Lehrerin“, oder was-auch-immer ersetzen. Das Alter, das Geschlecht, der soziale Status, etc. sind völlig irrelevant – die Handlungen sind das entscheidende!

Derselbe verlogene Kreis rechtsextremer Plärrer, der hier jetzt von einer „Beleidigung aller Omas“ schwurbelt, findet es übrigens völlig normal, wenn sie die schwedische Umwelt-Aktivistin Greta Thunberg als „geisteskranke Göre“ bezeichnen. Ebenso wird es in diesen Kreisen abgefeiert, wenn Renate Künast von den Grünen als „Drecks Fotze“, „Stück Scheisse“ und „Geisteskranke“ bezeichnet wird und sogar mit dem Versuch scheitert, juristisch gegen derartige Beschimpfungen vorzugehen.

Neonazi-Demo vor dem WDR in Köln

Doch mit lediglich einem Shitstorm ist es beim rechtsextremen Gesocks natürlich nicht getan. Am Nachmittag des 29.12.2019 versammelten sich etwa 100 Neonazis zu einer Spontandemo vor dem WDR-Gebäude in Köln. Dort skandierten diese unter anderem antisemitische Sprüche, eine Nazi-Oma (wörtlich!) hetzte gegen den Islam. Unter den Demonstranten waren neben einigen bekannten Neonazis aus dem Raum Düsseldorf und Köln, wie beispielsweise die der Identitären Bewegung (IB) nahestehende YouTuberin „Lisa Licentia“ (Lisa H.),  auch ca. 20 Angehörige der hauptsächlich in Düsseldorf aktiven und gewaltbereiten Neonazi-Gruppierung „Bruderschaft Deutschland“.

Es wurde noch schlimmer: Bei diversen WDR-Mitarbeitern gingen Morddrohungen ein. Vor dem Privathaus des WDR-Mitarbeiters Danny Hollek (@dannytastisch) und seiner Familie taucht plötzlich der Neonazi-Aktivist Michael Brück mit einem Schild auf. Brück ist Ratsherr der neonazistischen Kleinstpartei „Die Rechte“ aus Dortmund und betreibt unter dem bezeichnenden Namen „antisem.it“ einen Internet-Versandhandel für Nazidevotionalien und Zubehör für den Straßenkampf.

WDR-Intendant Tom Buhrow kriecht zu Kreuze

Egal, für wie gelungen man nun das satirische Lied des Kinderchors auch halten mag: Sowohl der WDR, als auch die Politiker dieses Landes haben die Pflicht, die grundgesetzlich garantierte Meinungsfreiheit zu schützen. Da der Liedtext in keinster Weise unter die Schranken der Meinungsfreiheit (Art. 5 (2) GG) fällt, gab es keinen wirklichen Grund, das Video zu löschen.

Doch in diesem Punkt gab es wieder einmal massenweise Enttäuschungen.

Das der WDR wegen des Shitstorms das Video von seiner Facebook-Seite entfernte, ist die eine Sache. Was meines Erachtens sehr viel schlimmer wiegt, ist der fehlende Rückhalt für die WDR-Mitarbeiter seitens des WDR und auch aus der Politik.

WDR-Intendant Tom Buhrow knickte vor dem braunen Pöbel ein und kroch zu Kreuze. Dafür wurde sogar am 28.12.2019 auf WDR 2 eine Radio-Sondersendung übertragen, in der auch Buhrow zu Wort kam. Dieser meldetet sich aus dem Krankenhaus, in dem sein 92-jähriger Vater liegt, und bezeichnete das „Video mit dem verunglückten Oma-Lied“ als Fehler. Buhrow sagte: „Ich entschuldige mich ohne Wenn und Aber dafür.“ Sein Vater habe immer hart gearbeitet und sei keine „Umweltsau.“ Ein inszeniertes Rührstück sondergleichen. Anstatt sich deutlich vor seine MitarbeiterInnen zu stellen und diese vor der hetzenden Meute zu beschützen und zu verteidigen, rammte Buhrow ihnen von hinten noch einen Dolch in den Rücken.

Auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU), dessen Parteifreund Walter Lübcke im Juni von Neonazis ermordet wurde, mischte sich ein und redete der rechten Filterblase nach dem Mund. Auf Twitter schrieb er: „Der WDR hat (…) Grenzen des Stil und des Respekts gegen über Älteren überschritten. Jung gegen Alt zu instrumentalisieren ist nicht akzeptabel.“ Zu den unglaublichen Vorgängen vor dem WDR-Gebäude in Köln gab es von Laschet übrigens nicht einen einzigen Tweet. Das sagt eigentlich alles über ihn und die verlogen-heuchlerische CDU aus! Für ein bisschen Szenenapplaus aus der rechtsextremen Blase ist dem Laschet wohl nichts zu schäbig.

Sogar aus der langsam in der Versenkung verschwindenden SPD gab es Wortmeldungen. Die Verliererin um die Wahl für den SPD-Bundesvorsitz Klara Geywitz aus Potsdam attestierte auf Twitter dem Intendanten Buhrow sogar gute Führungsqualitäten: „Mein Respekt für soviel Haltung und Führungskultur von Tom Buhrow. Der WDR-Intendant entschuldigt sich für ‚Oma-Lied‘ mit persönlichen Worten.“ Sorry, Frau Geywitz, es mag in ihrer SPD ganz offensichtlich erhebliche Qualitätsdefizite in der Führung geben, wie jeder die letzten Jahre sehen konnte, aber diese sollten Sie nicht verallgemeinern. MitarbeiterInnen in den Rücken zu fallen ist das genaue Gegenteil einer gesunden Führungskultur.

Der große Verlierer: Die Medienschaffenden

Der größte Verlierer dieser ganzen Ereignisse dürften wieder einmal die JournalistInnen und Kunstschaffenden sein. Diese fühlen sich in einem zunehmend toxischen Klima immer mehr verunsichert, was sie sich noch erlauben dürfen, und bis zu welcher Grenze sie noch den Rückhalt für ihre Arbeit bei ihren Vorgesetzten und bei den demokratischen PolitikerInnen haben. Nicht nur, dass rechtsextremer Abschaum und Berufsempörte immer wieder in den sozialen Medien versuchen durch konzertierte Aktionen die Meinungshoheit zu erlangen. Diese Meinungen finden auch zunehmend Wiederhall bei bürgerlich-konservativen Politikern. Statt Solidarität mit den Medienschaffenden zu signalisieren, werden diese sogar noch von Seiten der Politik torpediert. Man kann nur erahnen was diesen Menschen blüht, sollten doch wieder einmal die Neonazis und Rechtsextremisten in Deutschland die Oberhand gewinnen…

Für die wirklich wichtigen und dringenden Themen in Deutschland, wie den menschengemachten Klimawandel, die Bekämpfung des Rechtsextremismus, die Verkehrswende, die Reduzierung der Schere zwischen Arm und Reich, etc. ist dadurch ebenfalls nichts gewonnen. Verschwendete Zeit wegen eines nun wirklich belanglosen Videos, und das nur weil die Nazis mal wieder laut gebrüllt haben.

Ach, und übrigens: In Griechenland frieren und hungern weiterhin Kinder!!

Gauland positioniert AfD klar als faschistische Partei

Es war keine wirkliche Überraschung, da bereits die Umfragen diese Tendenz erkennen ließen: Bei der heutigen Landtagswahl im Bundesland Thüringen ist die Partei Alternative für Deutschland (AfD) mit fast 24% der Stimmen zweitstärkste Kraft geworden. Größter Verlierer ist die CDU, die gegenüber der Landtagswahl 2014 rund 12 Prozentpunkte eingebüßt hat und nur noch rund 22% der Stimmen bekam. Auch die SPD konnte ihren allgemeinen Abwärtstrend nicht stoppen und landete abgeschlagen mit rund 8% auf dem vierten Platz.

Bemerkenswert an dieser Wahl ist, dass mit dem AfD-Spitzenkandidaten Björn Höcke ein lupenreiner Faschist für die rechtsextreme Partei angetreten war. Erst vor knapp vier Wochen hat das Verwaltungsgericht Meiningen entschieden, dass man Höcke als Faschisten bezeichnen darf, weil es sich dabei um ein Werturteil handelt, welches (Zitat) „auf einer überprüfbaren Tatsachengrundlage“ basiere. Mit anderen Worten: Die Faktenlage ist eindeutig!

Unter dem Begriff Faschismus versteht man extrem nationalistische, nach dem Führerprinzip organisierte, antiliberale und antidemokratische politische Strömungen. Bekannteste Ausprägungen faschistischer Ideologien war der italienische Faschismus unter Benito Mussolini, sowie der deutsche Nationalsozialismus unter Adolf Hitler.

Gauland: „Höcke ist die Mitte der Partei“

Besonders bemerkenswert war vor diesem Hintergrund ein Statement des AfD-Bundessprechers und Fraktionsvorsitzenden Alexander Gauland. In einem TV-Interview am Wahlabend bei Phoenix sagte dieser:

„Also, Herr Höcke rückt die Partei nicht nach rechts. Herr Höcke ist die Mitte der Partei“.

Der Neonazi Höcke ist seit der Landtagswahl in Thüringen 2014 Fraktionsvorsitzender der AfD im Thüringer Landtag. Im März 2015 gründete er mit anderen Parteimitgliedern das parteiinterne völkisch-nationalistische Netzwerk »Der Flügel«, deren Leitfigur er ist, und welches vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Einhergehend mit der Flügel-Gründung wurde auch die sogenannte Erfurter Resolution verabschiedet. Zu deren Unterzeichnern gehören neben Höcke unter anderem auch André Poggenburg, Markus Frohnmaier und Alexander Gauland, sowie der aus der rechtsextremen Pegida-Bewegung stammende Hans-Thomas Tillschneider, Sprecher der Patriotischen Plattform in der AfD.

In der Erfurter Resolution üben die Flügel-Gründer parteiinterne Kritik. Die AfD passe sich „dem Technokratentum, der Feigheit und dem Verrat an den Interessen unseres Landes an.“ Es wird dazu aufgerufen, sich nicht von „bürgerlichen Protestbewegungen“ – gemeint ist in 2015 vor allem die Pegida – zu distanzieren. Darüber hinaus wollen die Unterzeichnenden die AfD als die „Bewegung unseres Volkes“ gegen „Gender Mainstreaming, Multikulturalismus, Erziehungsbeliebigkeit usf.“ verstanden wissen. Am ersten Entwurf der Resolution soll auch der neurechte Verleger und Publizist Götz Kubitschek, Mitbegründer des rechtsextremen Think-Tanks Institut für Staatspolitik (IfS), mitgearbeitet haben.

Höcke übte mehrfach den Schulterschluss mit Neonazis und wurde auf deren Demonstrationen gesichtet. Unter dem Pseudonym Landolf Ladig hatte Höcke 2011 für die NPD-Zeitungen Volk in Bewegung und Eichsfeld-Stimme geschrieben. Die Eichsfeld-Stimme ist das Regionalblatt der NPD in Thüringen und wird von dem szenebekannten und vorbestraften Neonazi Thorsten Heise herausgegeben. Über Landolf Ladig sagt der Verfassungsschutz: „Die analysierten ‚Ladig‘-Texte bringen eine zweifelsfrei verfassungsfeindliche Haltung zum Ausdruck.“

2017 bezeichnete Höcke das Berliner Holocaust-Mahnmal als (Zitat) „ein Denkmal der Schande.“ Die Aufarbeitung der grausamen Verbrechen der Nationalsozialisten bezeichnete er als „dämliche Bewältigungspolitik“ und forderte eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“.

Wenn also Alexander Gauland nun öffentlich sagt, dass Höcke die Mitte innerhalb der AfD repräsentiert, also: den Mainstream vertritt, dann ist das eine klare Positionsbestimmung! Gauland sagt damit deutlich, dass der Rechtsextremismus und Faschismus á la Höcke der Markenkern der AfD ist.

Herzlichen Glückwunsch, liebe Thüringer. Nahezu jeder vierte Wahlberechtigte hat sich heute Abend klar und deutlich zu einer Neonazi-Partei bekannt. Und redet Euch bitte nicht mit diesem Protestwahl-Pseudoargument heraus. Diesen Scheiß nimmt Euch keiner mehr ab! Niemand kann sich mehr damit herausreden, dass er/sie nicht genau gewusst habe, wo er/sie da heute ihr Kreuz gemacht hat.

„Die Komplexität der Welt überfordert diese Leute“

Auf Twitter hat @lawen4cer einen großartigen Thread (Ein Thread ist eine Reihe von miteinander verbundenen Tweets, um eine ausführlichere Meinung oder Argumentation bereitzustellen) erstellt. Darin hat er seine Erfahrungen, Erkenntnisse und Einsichten aus diversen Diskussionen mit sogenannten „besorgten Bürgern“ und Anhängern der rechtsextremen Partei AfD geteilt. Der erste Tweet des Threads ist hier zu finden.

Ich halte diesen Thread für ausgesprochen lesenswert, da er die primitiven Mechanismen und Taktiken, die sowohl das dumme Wutbürgertum, die aber auch Rechtsextremisten und Neonazis in Diskussionen anwenden, sehr gut erläutert. Daher spreche ich hier eine Leseempfehlung aus!

Um Twitter-Threads einfacher am Stück lesen zu können, gibt es den Service „Thread Reader„, der alle Tweets zu einem Text auf einer einzigen Seite zusammenfassen kann: Thread by lawen4cer.

Die braune Jauchegrube Sachsen

Die regelmäßig Montags stattfindenden Demos des asozialen braunen Arschloch-Sammelbeckens PEGIDA („Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“) sind quasi so etwas wie das Krebsgeschwür Dresdens. Doch wirklicher Widerstand dagegen regt sich nicht. Es gibt zwar immer wieder kleinere Gegendemonstrationen, aber ein Großteil der Dresdner Zivilbevölkerung scheint sich damit abgefunden zu haben, dass sich nahezu jeden Montag rechtsextremer und fremdenfeindlicher Abschaum auf dem Altmarkt zusammenrottet. Ein, wenn auch nicht der einzige Hinweis darauf, dass Rechtsextremismus und Rassismus in Sachsen mittlerweile als normal hingenommen werden.

Ein ganz normaler Montag in Dresden…

Gestern, am 29.07.2019, war es bereits der 188. „Abendspaziergang“ der Nazibrut namens PEGIDA durch Dresden. Wie üblich, war einer der Hauptredner der PEGIDA-Vizechef Siegfried Däbritz.

Auch diesmal gab es wieder einen Stand, an dem Neonazis zur Solidarität mit der inhaftierten Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck aufriefen. Des Weiteren war auch der PEGIDA-Gründer, Neonazi und Intensivstraftäter Lutz Bachmann, unter anderem verurteilt wegen Einbruchdiebstahls, Drogenhandel, Volksverhetzung und Körperverletzung, mit von der Partie. Bachmann hatte bereits 2016 Deutschland verlassen und wohnt zurzeit auf der spanischen Insel Teneriffa. Der Inselrat von Teneriffa hat Bachmann mittlerweile zur Persona non grata, d.h. zur unerwünschten Person, erklärt.

Ein Demo-Teilnehmer zeigt einen Hitlergruß; in der Öffentlichkeit stellt dies normalerweise einen Straftatbestand nach § 86a Absatz 1 und 2 StGB und möglicherweise auch nach § 130 StGB (Volksverhetzung) dar. Als aber die Zeugen, die das gesehen haben, die Polizei darauf aufmerksam machten, werden diese, und nicht der Täter, zurechtgewiesen – so geht sächsisch! Später bespuckte ein 70-jähriger PEGIDA-Teilnehmer einen Gegendemonstranten.

Inmitten dieses braunen Sumpfes wurde diesmal auch wieder der rassistische AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier gesichtet, eben jener Richter, der Anfang 2017 die neonazistische NPD gelobt hat, weil sie „die einzige Partei war, die immer geschlossen zu Deutschland gestanden hat.“ Maier, der auch schon häufig als Redner bei PEGIDA aufgetreten war, scheint sich unter Rechtsextremen, Rassisten und Holocaust-Leugnern sichtlich wohl zu fühlen.

Beim sogenannten „Abendspaziergang“ durch die Dredner Altsatdt kam es dann zu einem Angriff eines PEGIDA-Ordners auf einen etwa 30-jährigen Inder, der an der St. Petersburger Straße mit einer kleinen Gruppe aus dem Demonstrationszug diskutierte. Plötzlich greift ihn einer der Ordner an und schlägt auf seinen Kopf ein. Anschließend sei der Mann von mehreren Demo-Teilnehmern mit Fäusten geschlagen worden. Aus dem Zug sind Rufe zu hören: „Ein Paar auf die Fresse hauen!“ und „Hau ab, hau ab, …“ Das folgende, von dem Twitter-Account @AZeckenbiss veröffentlichte Video zeigt den Vorgang:

Nur einen Tag später wird Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (44, CDU) von einem rechtsextremistischen Mob empfangen, die ein Transparent mit der Aufschrift „Rassenkrieg gegen Deutsche beenden“ vor sich her tragen:

Nazipartei AfD auf Augenhöhe mit der CDU

In etwa einem Monat, am 01. September 2019, wird im Bundesland Sachsen ein neuer Landtag gewählt. In der letzten Umfrage des Berliner Instituts Infratest dimap liegen die Nazipartei Alternative für Deutschland (AfD) und die CDU mit jeweils 26% nahezu gleichauf. Gegenüber der letzten Landtagswahl vom August 2014 würde das bedeuten, dass die sächsische CDU, die derzeit mit Michael Kretschmer den Ministerpräsidenten stellt, mehr als 13 Prozentpunkte verlieren würde. Die rechtsextreme Politsekte AfD hingegen würde rund 16 Prozentpunkte zulegen!

Doch die alarmierenden Wahlumfragen sind nur ein Indikator von vielen, die zeigen, dass das Bundesland Sachsen immer weiter in den rechtsextremen Sumpf abrutscht und mittlerweile zu Deutschlands Neonazi-Hochburg geworden ist. Bereits 2004 zog die neonazistische NPD hier mit 9,2 Prozent in den Landtag ein und blieb dort bis 2014, als sie mit 4,9 Prozent nur sehr knapp scheiterte. Von Sachsen aus agiert beispielsweise auch das rechtsextreme Kampagnenprojekt „Ein Prozent“ aus dem Umfeld der völkisch-nationalistischen und vom Verfassungsschutz beobachteten Identitären Bewegung (IB). Verschiedene rechte Verlage haben in diesem Bundesland ihren Sitz.

Es sind also vielerlei Fakten, die darauf hinweisen: Sachsen ist der hässliche, braune Schandfleck Deutschlands!

Verfassungsschutz: Rechtsextremismus in Sachsen nimmt zu

So stellt die sächsische Verfassungsschutzbehörde in ihrem Bericht 2018 nicht nur fest, dass die Zahl der Rechtsextremisten von ca. 2.600 auf 2.800 Personen erneut stark angestiegen ist, sondern sie sieht auch eine zunehmende Gewaltbereitschaft von Neonazis und subkulturell geprägten Rechtsextremisten. Die Zahl rechtsextremistisch motivierter Gewalttaten in Sachsen stieg binnen eines Jahres um 38 Prozent – von 229 Gewalttaten im Jahr 2017 auf 317 Gewalttaten im Jahr 2018. Den größten Zuwachs gab es in Chemnitz: von 20 auf 79 Gewalttaten.

Am 17. April 2018 kam es zu einem in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommenen Tötungsdelikt in Aue, einer kleinen Stadt südöstlich von Zwickau am nördlichen Rand des Erzgebirges. Der 27-jährige und homosexuelle Christopher W. wurde von drei Tätern, die der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind, zu Tode gefoltert. Christophers lebloser Körper war so übel zugerichtet, dass die Polizei anfangs Schwierigkeiten hat, ihn zu identifizieren. Somit gab es in 2018 das 17. Todesopfer rechter Gewalt in Sachsen nach der deutschen Wiedervereinigung.

Eine besondere Entwicklung beobachtete der Verfassungsschutz Sachsen bei den sogenannten „parteiungebundenen Strukturen“, die als der aktivste und wandlungsfähigste Teil der rechtsextremistischen Szene beschrieben wird. Anstatt sich in Parteien, wie der NPD oder der neonazistischen Kleinstpartei „Der III. Weg“, zu organisieren, strukturiert sich die Szene mittlerweile vorwiegend über Kampagnen, Themenfelder und insbesondere über Szeneveranstaltungen, wie beispielsweise das „Schild und Schwert Festival“ am 21. April 2018 in Ostritz (Landkreis Görlitz). Sowieso misst der Verfassungsschutz der rechtsextremistischen Musikszene Sachsens bundesweit eine starke Strahlkraft und hohe Bedeutung zu.

Dresden: Hauptstadt der Islam- und Fremdenfeindlichkeit

Dresden ist laut Verfassungsschutz die rechtsextreme Hochburg in Sachsen. Hier nahmen auch die Aktivitäten der islam- und fremdenfeindlichen, völkischen und rassistischen Organisation PEGIDA im Oktober 2014 ihren Anfang. Aber nicht nur PEGIDA stellt für die Stadt Dresden, deren Ruf durch diesen Abschaum international ruiniert ist, ein erhebliches Problem dar.

Rechtsextreme Geschichtsverfälscher und Neonazis veranstalten regelmäßig einen „Trauermarsch“ anlässlich der alliierten Bombardierung von Dresden, nennen die Angriffe „angloamerikanischen Bombenterror“ oder „Bombenholocaust“ – Begriffe, die auch der britische Holocaustleugner David Irving verwendet – und veröffentlichen falsche, weil zu hohe, Opferzahlen. Die Rechtsextremistin Katja Kaiser, die am 15. Februar 2019 bei dieser Demo an vorderster Front mitlief, ist nicht nur bei PEGIDA aktiv, sondern marschierte auch hinter dem Front-Transparent der als „Frauenmarsch“ getarnten rechtsextremen Demo, die von dem AfD-Mitglied Leyla Bilge angemeldet und durchgeführt wurde.

Der allgegenwärtige Alltagsrassismus

Vor wenigen Tagen ist ein weiterer Fall bekannt geworden, der auch zeigt, wie verbreitet Fremdenhass und rechtsextremes Gedankengut in der sächsischen Bevölkerung ist. In einem Wohnhaus in Dresden-Übigau bedrohte der Neonazi Thomas F. seinen libyschen Nachbarn mit einer Machete und versucht dessen Wohnungstür in Brand zu setzen. In einem von der Die Tageszeitung (taz) veröffentlichten Video sieht man den Vorfall aus der Opferperspektive:

Man hört Thomas F. sagen: „Du verstehst ja meine Sprache nicht, du kommst ja aus Kanakenland.“ Und: „Ich mach’ dich kalt!“ Später sieht man von außen, dass mit blauer Farbe ein Hakenkreuz an die Wohnungstür gemalt wurde. Die Nachbarn zeigen allerdings Verständnis für die Aktion, anstatt sich an die Seite des Opfers zu stellen – so geht sächsisch!

Fremdenhass und Rassismus ist ein weit verbreitetes Phänomen in Sachsen. Beschimpfungen und Pöbeleien gegen MigrantInnen sind dort an der Tagesordnung. Sogar das Handelsblatt veröffentlichte darüber bereits 2016 einen Artikel mit dem Titel: „Menschenverachtung ist normal geworden“.

Chemnitz: Symbol für Rassismus und Hetzjagden

Ein weiterer Ort, der regelmäßig für Schlagzeilen sorgt, ist Sachsens drittgrößte Stadt Chemnitz. Nachdem am Rande des Chemnitzer Stadtfestes 2018 der damals 35-jährige Daniel H. erstochen wurde, überschlugen sich dort die Ereignisse. Ein 22-jähriger Iraker und ein 23-jähriger Syrer werden festgenommen. Vor allem in den sozialen Online-Medien streuen Rechtsextremisten Gerüchte, dass dem Messerangriff ein sexueller Übergriff auf eine Frau vorausgegangen sei – eine Lüge, wie später auch die Polizei bestätigte. Das Stadtfest wurde abgebrochen und wird auch in dieser Form nicht mehr stattfinden.

In den darauf folgenden Tagen schaukelte sich die Aggressions- und Gewaltspirale in Chemnitz hoch. Die seit Ende 2018 vom Verfassungsschutz Sachsens wegen des Verdachts auf rechtsextremistische Bestrebungen nachrichtendienstlich beobachtete  Neonazi-Gruppierung „Pro Chemnitz“, und auch andere rechtspopulistische Bürgerbewegungen, riefen über Facebook zu Demonstrationen auf. Die Stadt befand sich tagelang im Ausnahmezustand. Neonazis und Rechtsextremisten aus dem ganzen Bundesgebiet reisten nach Chemnitz, um die ganze Stadt zu terrorisieren. Mehrere von ihnen zeigten den Hitlergruß, in mindestens zehn Fällen hat die Polizei ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Mindestens 18 Menschen, darunter auch Polizisten, wurden während der Demonstrationen verletzt.

Eine breite, sogar internationale Aufmerksamkeit fand vor allem das folgende Video, auf dem zu sehen ist, wie in Chemnitz Menschen gejagt werden:

Plauen: Aufmärsche im SA-Stil

Am 01. Mai 2019 marschierten hunderte Neonazis von „Der III. Weg“, einer unter anderem von ehemaligen NPD-Funktionären gegründeten Kleinpartei, durch die sächsische Kreisstadt Plauen. In Reih und Glied marschierte der Neonazi-Dreck mit Fackeln, Trommeln und Fahnen durch den Ort. Sogar die Aufstellung eines Galgens, an dem die Nazischweine eine EU-Flagge aufknüpften, wurde von den Behörden genehmigt. Auch in der einheitlichen braun-beigen Kleidung der Teilnehmer erkannten die Behörden und die Polizei keine einschüchternde Wirkung, obwohl das Versammlungsgesetz das Tragen von Uniformen bei Demonstrationen ganz klar untersagt.

Inkompetent: Die CDU Sachsen und Kretschmer

Einen guten „Landesvater“, wie Ministerpräsidenten gemeinhin auch genannt werden, müsste diese gefährliche Entwicklung alarmieren. Doch sowohl Michael Kretschmer, als auch dessen Vorgänger Stanislaw Tillich (CDU, Ministerpräsident von Sachsen von 2008 bis 2017) haben nicht nur gar nichts gegen den wachsenden Rechtsextremismus getan, sondern sie sind sogar Teil des Problems!

Anstatt die verbrecherische braune Brut, die dieses Land vor rund 80 Jahren schon einmal in eine Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes geführt hat, scharf zu verurteilen, aktiv zu bekämpfen und klar in die Schranken zu weisen, will Kretschmer lieber „mit Rechten reden“ und setzt auf einen Dialog. Zu einer Bürger-Gesprächsrunde am 05. Mai 2018 lud er den bekannten Neonazi, Ex-Republikaner und Ex-NPD-Kreischef Marco Wruck aus Bautzen ein. Der Rechtsextremist ist in CDU-Kreisen kein Unbekannter. Im Sommer 2017 hatte er regen und freundschaftlichen Kontakt mit Udo Witschas, dem stellvertretenden CDU-Landrat von Bautzen. Auf Facebook bezeichnete Kretschmer Wruck lediglich als „vermeintlich Rechten“, was ja suggeriert, dass der ehemalige NPD-Kader nur vermutlich oder fälschlicherweise als Rechtsextremer kategorisiert wird. Auch diese Verharmlosung brachte Kretschmer viel Kritik ein. Kretschmer will in Chemnitz auch „keinen Mob“ und „keine Pogrome“ gesehen haben.

Für Irritationen gesorgt hat auch ein Posting bei Facebook, in dem die CDU Sachsen den deutschen Faschismus als eine Form von Sozialismus darstellt. In dem Beitrag (siehe Screenshot) heißt es: „Wer vergessen hat, was Sozialismus – egal ob national oder ‚real existierend‘ – angerichtet hat, sollte die Bilder vom zerbombten Dresden 1945 und der Görlitzer Innenstadt 1990 anschauen.“

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Die sächsische Union vergleicht den deutschen Faschismus, der nachweislich keine Form von Sozialismus war, mit dem Sozialismus der untergegangenen DDR.

Mit dieser Darstellung knüpft die CDU unmittelbar an die regelmäßig von Rechtsextremisten und Revisionisten verbreitete Geschichtsklitterung an, dass ja der Nationalsozialismus eine Form von Sozialismus gewesen sei, also Adolf Hitler ein Linker und die NSDAP eine linke Partei gewesen ist. Die historische Faktenlage diesbezüglich ist allerdings eindeutig: Der sogenannte National“sozialismus“ war eine besonders radikal ausgeprägte Form von Kapitalismus.

Man muss sich also die Frage stellen, ob bei der CDU Sachsen ein erhebliches Bildungsdefizit in deutscher Geschichte vorliegt, oder ob ein solches Anbiedern und Einschleimen beim rechten Pack zur Strategie der Partei gehört, um Wählerstimmen aus dem trüben, braunen Sumpf zu fischen.

Das Märchen vom gemäßigten Flügel in der AfD

Wenn die deutsche Medienlandschaft zur Zeit über die Nazipartei Alternative für Deutschland (AfD) berichtet, dann vor allem über einen angeblichen Flügelkampf, der derzeit innerhalb dieser asozialen Politsekte stattfindet. Die Rede ist dabei unter anderem von einem „gemäßigten Flügel“ innerhalb der AfD. Das Problem: Diesen gibt es nicht!

Für unsere selbsternannten Qualitäts- und Leitmedien ist die Sache klar: Die rechtsextreme AfD bietet derzeit das Bild einer gespaltenen Partei. Auf der einen Seite verortet man den rechtsextremen »Flügel« rund um den Thüringer AfD-Fraktionschef und Neonazi Björn Höcke. Auf der anderen Seite vermutet man „die Gemäßigten“ und „die Bürgerlichen“, also jene angeblich nicht-rechtsextremistischen Parteimitglieder, die mit dem faschistischen Personenkult rund um Höcke nichts zu tun haben wollen.

Auch Mitglieder des AfD-Parteivorstands distanzierten sich öffentlich von Höcke. So forderte kürzlich AfD-Chef Jörg Meuthen vom Höcke-Flügel eine klare Abgrenzung zum Extremismus. Kurz zuvor hatte Höcke mit einer Kampfansage an den Bundesvorstand den Zorn vieler AfD-Politiker auf sich gezogen. Beim sogenannten Kyffhäusertreffen am 06. Juli in der Obereichsfeldhalle im thüringischen Leinefelde-Worbis trafen sich rund 800 Rechtsextremisten und Neonazis des »Flügel«. Dort ließ sich Höcke, der innerhalb der AfD diese völkisch-nationalistische Sammlungsbewegung vor etwa vier Jahren gegründet hat, vom braunen Abschaum feiern.

Einmarsch Höcke

Die gesamte Veranstaltung hätte auch ein kleiner NSDAP-Parteitag sein können: Zu pathetischer Musik werden Fahnen geschwenkt, junge Männer marschieren in Reih‘ und Glied in den Saal ein. Als dann er, Björn Höcke, erscheint und sich händeschüttelnd seinen Weg durch den Saal zum Rednerpult bahnt, gibt es minutenlangen frenetischen Jubel. Es ist die Höcke-Show: Alles dreht sich nur um den Thüringer Fraktionsvorsitzenden, der bereits 2011 und 2012 unter dem Pseudonym Landolf Ladig in einer NPD-Zeitschrift und in einer nationalvölkischen Zeitung Artikel mit neonazistischen Inhalten veröffentlicht hatte.

In seiner Rede attackierte er dann den Bundesvorstand und die Schiedsgerichte der AfD. Er kündigte an, selbst für den Vorstand kandidieren zu wollen. Seinen Anhängern rief der Nazi zu: „Ich kann Euch garantieren, dass dieser Bundesvorstand in dieser Zusammensetzung nicht wiedergewählt wird.“ Für treue Dienste verlieh er anderen Mitgliedern der Bewegung selbst erdachte Abzeichen.

Mehr als hundert Funktionäre und Mandatsträger der AfD formulierten wenige Tage später einen Appell, in dem sie den „Personenkult“ rund um den Neonazi kritisierten. Die Unterzeichner des Appells, darunter auch einige AfD-Bundestagsabgeordnete, distanzierten sich von Björn Höcke. Dieser habe „spaltende Kritik“ geäußert und sogar „ihm nicht genehme Mitglieder aufgefordert, die Partei zu verlassen“. Weiterhin heißt es in dem Appell: „Die AfD ist und wird keine Björn-Höcke-Partei!“

Auch Jörg Meuthen und der Co-Vorsitzende Alexander Gauland äußerten sich kritisch zu Höckes Äußerungen und dessen pathetischen Selbstinszenierungen, auch wenn beide den Appell nicht unterzeichnet haben. Gauland sagte der Nachrichtenagentur AFP: „Ich halte die Rede von Björn Höcke genauso wie den Fahneneinzug auf dem Kyffhäuser-Treffen für unangebracht.“ Auch Alice Weidel hat den Anti-Höcke-Appell nicht unterzeichnet.

Auch auf dem AfD-Landesparteitag im bayrischen Greding südlich von Nürnberg hagelte es heftige Kritik für Höcke. Der bayerische AfD-Vorsitzende Martin Sichert griff den Neonazi scharf an und warf ihm vor, die bayerische AfD beeinflussen und spalten zu wollen. Gleichwohl kann aber wohl kaum die Rede davon sein, dass die Bayern-AfD zu den sogenannten „Gemäßigten“ gehört, wenn der Landtagsabgeordnete Roland Magerl ans Mikrophon tritt und Journalisten im übelsten NS-Jargon als „Ratten“ bezeichnet.

Es geht nicht um Mäßigung

Und überhaupt ist dieser angebliche Flügelkampf keiner, bei dem es darum geht, ob die Partei eine rechtsextremistische Ausrichtung haben sollte, oder nicht. Es geht vielmehr darum, welche Ausprägung von Rechtsextremismus vertreten werden soll, denn eines sollte klar sein: So etwas wie „gemäßigte Nazis“ gibt es nicht! Die AfD ist und bleibt ein asoziales Sammelbecken für rechtsextreme Antidemokraten, Rassisten und Neofaschisten. Die parteiinternen Scharmützel, die wir gerade erleben, können keineswegs darüber hinwegtäuschen, dass die AfD-Mitglieder letztendlich in ihrer braunen, menschenfeindlichen Gesinnung fest vereint sind.

Daher sollten die Medien endlich damit aufhören, von einem „gemäßigten Flügel“ oder von „gemäßigten Kräften“ innerhalb der Nazipartei AfD zu sprechen. Nur weil einige in der Partei auf den faschistischen Führerkult rund um den Neonazi Björn Höcke keine Lust haben, vermutlich weil sie befürchten, dass das Wähler abstoßend finden könnten, bedeutet das noch lange nicht, dass diese Personen aufrechte und weltoffene Demokraten sind. Die AfD ist eine rechtsextremistische Partei!

Warum Nazis aus Nazis Sozialisten machen wollen

Die von rechtsextremistischer Seite regelmäßig vorgetragene Behauptung, dass Adolf Hitler ein Linksextremer war, und dass die historischen Ur-Nazis ja eigentlich Sozialisten – also: Linke – gewesen sind, ist ganz und gar nicht neu. Schon Franz-Josef Strauß und Edmund Stoiber (beide CSU) haben das behauptet. Dieser erbärmliche Versuch, die abscheulichen Verbrechen der Nazis den Linken in die Schuhe zu schieben, ist ein immer wiederkehrendes Muster in politischen Diskussionen. Neu ist, dass sich vor kurzem auch die überregionale konservative und vermeintlich seriöse Tageszeitung Die WELT aus dem Verlag Axel Springer SE an dieser Tatsachenverdrehung beteiligt hat.

Waren die Nazis Sozialisten?

Die Nazis waren Sozialisten, schließlich handelte es sich um die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei. Es steht sogar im Namen!

Ist das so?! Kann man aus dem Namen der Partei schließen, dass die NSDAP eine sozialistische, d.h. linke Partei gewesen ist? Die Rechtsextremistin Erika Steinbach (75), früher Mitglied der CDU und Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, heute Unterstützerin der Nazipartei Alternative für Deutschland (AfD), sieht es so:

tweet-steinbach-nazis-linke
Die Rechtsextremistin Erika Steinbach twitterte im Februar 2012, dass die Nazis Linke gewesen sein müssen, weil es ja so im Namen steht.

Tatsächlich findet man insbesondere in den ersten Jahren nach der Umbenennung der Deutschen Arbeiterpartei (DAP) und nach der Gründung der NSDAP im Februar 1920 hier und dort Zitate führender Parteifunktionäre, die sich so anhören, als hätten da Sozialisten gesprochen. Auch die Symbolik in der NSDAP, wie beispielsweise die überwiegend rote Parteifahne, scheint doch irgendwie darauf hinzuweisen, dass es sich um eine linke Bewegung gehandelt haben muss. Wirklich?

Nun, schauen wir uns doch einfach mal an, wie Historiker das bewerten.

Der renommierte Geschichtswissenschaftler, Zeithistoriker und Autor Joachim C. Fest (1926 – 2006) hat eine Hitler-Biographie verfasst, die sich sehr detailliert mit Hitlers Leben, seinen Motiven und seiner Wirkung befasst hat. Dort können wir folgendes lesen:

„Das linke Etikett trug diese Ideologie vor allem aus machttaktischen Erwägungen
(…)
im Jahre 1930 war die NSDAP nach der Vorstellung Hitlers ’sozialistisch‘, um sich den Stimmungswert einer populären Vokabel zunutze zu machen (…)”

Joachim C. Fest, Hitler: Eine Biographie,
Propyläen, 1973, Seite 393

Offensichtlich waren die scheinbaren Bekenntnisse der NSDAP zu sozialistischen Ideen nichts weiter als opportunistische Augenwischerei und taktisches Manöver. Der Sozialismus-Begriff war für die Nazis logischerweise immer dann nützlich, wenn sie im Arbeiter-Milieu (Arbeiter stellten mit rund 50% Anteil an den Erwerbstätigen in der Weimarer Republik die größte Schicht) auf Stimmenfang gingen. Ziel von Hitler und somit der gesamten NSDAP war es, zu einer breiten, schichten-übergreifenden Massenbewegung zu werden. Sozialismus war halt eine Phrase unter vielen, ein Etikett, mit der sich unter anderem auch Hitler schmückte, wenn es ihm gerade aus wahltaktischen Erwägungen in den Kram passte.

War die NSDAP eine Arbeiterpartei?

Nun steckt ja auch der Begriff „Arbeiterpartei“ im Namen der NSDAP. War die NSDAP eine Arbeiterpartei? Was charakterisiert eine Arbeiterpartei? Nun, man könnte sagen, dass man dann von einer Arbeiterpartei sprechen kann, wenn die Sozialstruktur ihrer Mitglieder und Anhänger sich überwiegend aus Menschen aus dem Arbeiter-Millieu zusammensetzt. Wie war das denn bei der NSDAP?

Dazu der wohl bedeutendste lebende Historiker Deutschlands, Heinrich August Winkler:

„Die Wähler der NSDAP kamen, darüber sind sich Historiker und Wahlsoziologen einig, vor allem aus den Reihen der Bauern und der städtischen Mittelschichten. (…) Nach neueren Berechnungen amerikanischer Wahlforscher können höchstens 600.000 frühere SPD-Wähler zwischen dem Mai 1928 und dem Juli 1932, dem Höhepunkt der nationalsozialistischen Wahlerfolge, zur NSDAP übergewechselt sein. Die Verluste der bürgerlichen Parteien waren ungleich größer: Die beiden liberalen Parteien büßten 3,4 Millionen, die Deutschnationalen 2,2 Millionen, andere Rechtsparteien einschließlich der Wirtschaftspartei 3,1 Millionen Stimmen ein.“

Heinrich A. Winkler, Das Mär vom Sozi Hitler,
Die ZEIT Nr. 45/1979

Wie bereits oben erwähnt, war es das erklärte Ziel Hitlers aus dem Nationalsozialismus eine breite Massenbewegung zu machen. Daher entwickelte die NSDAP eine politische Taktik, um Wählerstimmen aus allen sozialen Schichten zu gewinnen. Das stark antisemitische Parteiprogramm wirkte aber besonders anziehend auf Handwerker, Facharbeiter, Landwirte, Kaufleute, Angestellte und Beamte. Diese waren besonders anfällig für die antisemitische Sündenbockproklamation, dass die Juden an der desolaten wirtschaftlichen Lage Schuld seien.

Schaut man sich die Zusammensetzung der Mitglieder nach Berufsgruppen an, so lässt sich feststellen, dass in den ersten Jahren der NSDAP bis zu ihrem vorübergehenden Verbot 1923 die Handwerker mit 20 % den größten Anteil stellten, gefolgt von den Kaufleuten (13,6 %), den Angestellten (11,6 %) und den Landwirten (10,4 %). Weitgehend resistent gegen die Nazis waren nur das katholische Milieu und das der sozialistischen Arbeiterschaft (Quelle: Jürgen W. Falter: Zur Soziographie des Nationalsozialismus. Historical Social Research Suppl. 25). Anhand dieser Faktenlage kann man wohl eher nicht davon sprechen, dass die NSDAP eine Arbeiterpartei gewesen ist.

Nun könnten die Steinbachs dieser Welt ja entgegnen: OK, der Sozialismus war bei Bedarf nur so eine Art Marketing-Etikett, und die NSDAP war faktisch auch gar keine Arbeiterpartei sondern wurde eher von der bürgerlichen Mittelschicht und Beamten gewählt. Man kann sie aber auch an ihren Taten bewerten. Hitler hat doch das Kindergeld eingeführt, also war er doch Sozialist, oder?

Haben die Nazis sozialistische Ideen und Konzepte umgesetzt?

Was ist eigentlich Sozialismus? Nun, es gibt viele unterschiedliche Strömungen und Bewegungen, die sich sozialistisch nennen, doch alle diese Strömungen verfolgen letztendlich ein- und dasselbe Kernanliegen:

Ziel des Sozialismus, als Vorstufe zum Kommunismus, ist die Überwindung (das heißt: Aufhebung) der kapitalistischen Produktionsweise, indem der Privatbesitz an den Produktionsmitteln abgeschafft und diese vergesellschaftet werden (Vergesellschaftung = Die Übernahme und Aneignung der Produktionsmittel durch die Gesamtheit).

Es geht also im Kern um die Enteignung von Unternehmern, um deren Besitz in Gemeinschaftseigentum zu überführen. Wie dieses zentrale Ziel erreicht werden kann, darüber gibt es in den zahlreichen sozialistischen Bewegungen durchaus sehr unterschiedliche Ansichten und Vorstellungen. Über das Ziel an sich, sozusagen der kleinste gemeinsame Nenner aller Sozialismen, herrscht jedoch Einigkeit.

Wie war das nun bei Hitler und der NSDAP? Wollte Hitler die Unternehmer enteignen? Hat er in den 12 Jahren als Reichskanzler irgendetwas in dieser Richtung unternommen?

Natürlich nicht!

Die prominentesten Vertreter sozialistischer Ideen in der NSDAP waren die Brüder Otto und Gregor Strasser. Gemeinsam mit dem späteren Reichspropagandaleiter Joseph Goebbels etablierten sie in den ersten Jahren einen antikapitalistischen, sozialrevolutionären Flügel innerhalb der Partei. Hitler, der inzwischen innerhalb der NSDAP das faschistische Führerprinzip durchgesetzt hat, hatte aber keineswegs vor ein sozialistisches System zu errichten. Und so kam es im Mai 1930 in Berlin zum unvermeidbaren Eklat zwischen ihm und den Gebrüdern Strasser:

„Als Strasser ihm nach bewegter Diskussion die Kardinalfrage stellte, ob im Falle einer Machtübernahme die Produktionsverhältnisse unverändert blieben, antwortete Hitler: ‚Aber selbstverständlich. Glauben Sie denn, ich bin wahnsinnig, die Wirtschaft zu zerstören? Nur wenn die Leute nicht im Interesse der Nation handeln würden, dann würde der Staat eingreifen. Dazu bedarf es aber keiner Enteignung und keines Mitbestimmungsrechtes.’”

Joachim C. Fest, Hitler: Eine Biographie,
Propyläen, 1973, Seite 392

Hitler machte letztendlich kurzen Prozess und eliminierte nur wenige Wochen später den „linken Flügel“ innerhalb der NSDAP und entmachtete die Strasserianer:

„Am 4. Juli verkündeten daraufhin Otto Strassers Zeitungen: ‚Die Sozialisten verlassen die NSDAP!‘ Aber kaum jemand folgte ihm, die Partei besaß, so stellte sich heraus, fast keine Sozialisten und überhaupt kaum Menschen, die ihr politisches Verhalten theoretisch gedeutet wissen wollten. (…) Das Ausscheiden Otto Strassers beendete nicht nur ein für allemal den sozialistischen Grundsatzstreit in der NSDAP, es bedeutete auch einen erheblichen Machtverlust für Gregor Strasser, der seither keine Hausmacht und keine Zeitung mehr besaß.”

Joachim C. Fest, Hitler: Eine Biographie,
Propyläen, 1973, Seite 394f

Hitler ließ Gregor Strasser im Juni 1934 beim sogenannten „Röhm-Putsch“ ermorden. Otto Strasser floh zunächst nach Österreich und ging später nach Prag ins Exil.

Das Hitler, der weder antikapitalistisch noch sozialistisch eingestellt war, früher oder später den „linken Flügel“ in seiner Partei ausradieren würde, war zu erwarten gewesen. Bereits zwei Jahre zuvor (1928) hatte Hitler dem sogenannten „unabänderlichen“ Parteiprogramm der NSDAP eine Erklärung hinzugefügt, um den Punkt 17 aus diesem Programm – eine Bodenreform, die die Möglichkeit schaffen sollte, Boden für gemeinnützige Zwecke entschädigungslos zu enteignen – zu präzisieren:

Erklärung.

Gegenüber den verlogenen Auslegungen des Punktes 17 des Programms der NSDAP von seiten unserer Gegner ist folgende Feststellung notwendig.
Da die NSDAP auf dem Boden des Privateigentums steht, ergibt sich von selbst, daß der Passus „Unentgeltliche Enteignung“ nur auf die Schaffung gesetzlicher Möglichkeiten Bezug hat, Boden, der auf unrechtmäßige Weise erworben wurde oder nicht nach den Gesichtspunkten des Volkswohls verwaltet wird, wenn nötig, zu enteignen. Dies richtet sich demgemäß in erster Linie gegen die jüdischen Grundspekulationsgesellschaften.

München, den 13. April 1928.
gez. Adolf Hitler.

Hier wird unmissverständlich klargestellt: Die NSDAP steht auf dem Boden des Privateigentums, und Enteignungen gibt es nur, wenn es gegen Juden geht! Nix mit Sozialismus.

In den 12 Jahren (1933 – 1945), in denen Hitler in Deutschland die allumfassende Macht als faschistischer Führer hatte, passierte dann auch nichts, was nur annähernd etwas mit Sozialismus zu tun hatte. Im Gegenteil: Hitler wurde vom Großkapital (z.B. Krupp-Stahl) finanziert. Die Nazis beschafften für die Unternehmer billige Sklaven (aus den eroberten Ostgebieten deportierte NS-Zwangsarbeiter) und kurbelten die Wirtschaft mit ihren Kriegsplänen an. Streiks wurden verboten und Arbeitsunfähige bzw. Arbeitsunwillige wurden ermordet. Enteignet wurden nur die jüdischen Unternehmer, aber nicht um deren Besitz zu vergesellschaften, sondern um deren Betriebe und Produktionsmittel zu Spottpreisen an „arische Unternehmer“ zu verscherbeln.

Es gab natürlich immer mal wieder soziale Gefälligkeiten, mit denen Hitler „sein Volk“, also: die arische Volksgemeinschaft, bei Laune halten wollte, wie z.B. das oben erwähnte Kindergeld, welches im September 1935 unter dem Namen „Kinderbeihilfe“ für „arische“ Familien eingeführt wurde. Und er war natürlich auch kein Befürworter einer liberalen oder sozialen Marktwirtschaft, wie wir sie heutzutage kennen. Hitler war ein faschistischer Diktator, dem sich auch die Wirtschaft unterzuordnen hatte, insbesondere in Hinblick auf die imperialistischen Bestrebungen und die Kriegsführung. Mit Sozialismus hatte das alles aber nichts zu tun.

Wenn also Rechtsextreme und Neonazis heutzutage argumentieren, dass die NSDAP eine linke Partei war, und Adolf Hitler ein Sozialist, so lässt sich das anhand der historischen Fakten eindeutig widerlegen. Solche Behauptungen sind nichts weiter als der erbärmliche Versuch dieser ekelhaften Typen, die abscheulichen Verbrechen der NS-Zeit dem politischen Gegner in die Schuhe zu schieben, um die eigene Weste rein zu waschen, und um eventuell mal wieder unter einem neuen Etikett (z.B. AfD) ein weiteres faschistisches Experiment dieser Art auf deutschem Boden wagen zu können.

„Die NSDAP war das organisierte und extremste Nein zu allem, wofür linke Parteien standen. Rechter kann man gar nicht stehen.”

Heinrich August Winkler

Der Fall Magnitz und die Kantholz-Legende

Am Nachmittag des 07. Januar 2019 wurde der Bremer Landeschef der Nazipartei Alternative für Deutschland (AfD) und Mitglied des Bundestages Frank Magnitz (66) im Bereich des Theater am Goetheplatz in Bremen tätlich angegriffen und schwer verletzt.

Die Polizei ermittelt derzeit wegen des Verdachts auf gefährliche Körperverletzung. Die AfD-Nazis hingegen sprachen schon kurz nach der Tat wörtlich von einem „feigen Mordanschlag“ und gaben Politikern und Medien eine Mitschuld. Besonders widerlich: Während Politiker aller anderer Parteien ganz klar Gewalt als legitimes Mittel der demokratischen, politischen Auseinandersetzung ablehnten und dem Opfer gute Besserung wünschten, instrumentalisierten die AfD-Nazis den Vorfall sofort für ihre braune Propaganda.

Was war angeblich geschehen?

Der AfD-MdB Frank Magnitz war am Montagnachmittag gegen 17:20 Uhr im Bereich des Theaters am Goetheplatz in der Bremer Innenstadt von mehreren Personen angegriffen und dabei schwer verletzt worden. Der Angriff passierte, nachdem er den Neujahrsempfang des Weser-Kuriers in der Kunsthalle verließ und auf dem Weg zurück zu seinem Auto in einer nahe gelegenen Tiefgarage war.

Obwohl seitens der Polizei noch keinerlei Informationen oder Ermittlungsergebnisse über den Tathergang veröffentlicht worden waren, verbreitete die AfD kurz nach der Tat sehr schnell, dass Magnitz angeblich mit einem Kantholz bewusstlos geschlagen worden sei. Als er bereits am Boden lag, hätten die Täter weiter gegen seinen Kopf getreten. Des weiteren behauptete die AfD, dass „couragierte Bauarbeiter“ eingeschritten seien, um Schlimmeres zu verhindern. Magnitz liege nun schwer verletzt im Krankenhaus.

Besonders geschmacklos und abstoßend wurde es, als die AfD Bremen und der AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen (57) via Twitter ein Bild veröffentlichten, welches den verletzten Frank Magnitz kurz nach dem Anschlag zeigte, in einer medizinischen Notfallsituation mit einer klaffenden und blutenden Kopfverletzung, sowie mit Elektroden an der Brust. An einem solchen Punkt muss man sich fragen, ob der anstandslose und ekelhafte Ober-Nazi Meuthen noch alle Nadeln an der Tanne hat, als er den kritischen Zustand seines Parteikollegen perfide zu Propagandazwecken ausnutzte. Die AfD-Aussteigerin und Buchautorin Franziska Schreiber (29) kritisierte dieses Verhalten ihrer ehemaligen Partei auf Twitter:

„Der Fall Magnitz demaskiert die AfD:

Politiker ALLER Parteien verurteilen den Anschlag deutlich und stellen sich hinter den Kollegen. Die Zeitungen berichten von einem feigen und verabscheuungswürdigen Angriff.

Nur die AfD nutzt das wehrlose Opfer für ihre politischen Zwecke!“

[@FSWriter auf Twitter]

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Screenshot des Tweets von Franziska Schreiber (@FSWriter)

Im Grunde genommen waren sich aber die AfD-Nazis in den Social-Media-Kanälen schnell einig. Der Tenor lautete: Schuld sind ja insbesondere all die anderen „Altparteien“, die ja die arme, arme Nazipartei AfD in der letzten Zeit so unfair behandelt haben. Die übliche Opferrolle eben.

Allen voran der Nazi-Greis Alexander Gauland (77), neben Meuthen zweiter AfD-Bundessprecher und einer von zwei Fraktionsvorsitzenden der AfD-Bundestagsfraktion. Gaulands Gedanken kreisten nur um sich selbst und seine angeblich so unfair behandelte Partei. Die Bremer AfD äußert sich noch am Montagabend über die sozialen Medien: „Mordanschlag auf Frank Magnitz – das Ergebnis rot-grüner Hetze“.

…und was war wirklich geschehen?!

Mittlerweile haben die polizeilichen Ermittler Videomaterial aus dem Umfeld des Tatorts ausgewertet. Die Aufnahmen zeigen zwei dunkel gekleidete und Kapuzenpullis tragende Personen, die sich Magnitz von hinten näherten. Eine dritte Person lief versetzt dahinter.

Wie die Bremer Polizei mittlerweile mitteilte, schlug einer der unbekannten Täter Magnitz nieder, worauf hin dieser stürzte. Der AfD-Bundestagsabgeordnete erlitt dadurch eine stark blutende Kopfverletzung und eine Gehirnerschütterung. Anschließend sei das Trio geflüchtet. Eine Sprecherin der Polizei Bremen sagte: „Wir konnten auf dem Videomaterial keinen Einsatz eines Schlaggegenstandes feststellen“. Auch die Darstellung der AfD-Lügner, dass die Täter weiterhin auf Magnitz eingetreten hätten als dieser bereits am Boden lag, wurde von der Polizei nicht bestätigt und können somit als Fake News kategorisiert werden. Auch von einem mutigen Einschreiten von Bauarbeitern ist nichts zu sehen; im Gegenteil: diese kamen erst später hinzu.

Die Polizei vermutet einen politischen Hintergrund, ermittelt aber in alle Richtungen. Magnitz selbst sagte später im Krankenhaus, dass er sich an nichts mehr erinnern könne, räumte nun gegenüber der BILD mittlerweile allerdings ein, dass der Angriff auch ein Raubüberfall gewesen sein könnte.

Die übliche, verlogene Doppelmoral der AfD-Nazis wird auch mal wieder deutlich, wenn man sich so anschaut, was sie ihren politischen Gegnern so alles wünschen:

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Ein Posting von Frank Magnitz auf Facebook.

[UPDATE 10.01.2019] Das angebliche Bekennerschreiben

Auf der linken Website Indymedia war am Mittwochabend (09.01.2019) ein Text aufgetaucht, der wie ein Bekennerschreiben einer vermeintlichen Bremer AntiFa-Gruppe namens „Antifaschistischer Frühling Bremen“ aufgemacht war. Unter der Überschrift „Wer Hass sät, wird Gewalt ernten“ bekannten sich die Autoren zu dem tätlichen Angriff auf Frank Magnitz. Der Text insgesamt wirkte wie aus der Zeit gefallen und benutzte kämpferische Formulierungen, wie sie heutzutage in der linksextremen Szene eigentlich nicht mehr gebräuchlich sind. Zudem enthielt er viele Rechtschreib- (z.B. »rassischtisch«) und Grammatikfehler. Merkwürdig ist auch, dass eine Gruppe namens „Antifaschistischer Frühling Bremen“ bislang gänzlich unbekannt war. Zwar gibt es auch in Bremen organisierte Antifaschist*innen, aber keine Gruppierung, die unter einem solchen Namen agiert. Heute Morgen war der Artikel dann auch wieder gelöscht.

Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) meldete heute Mittag, dass in Sicherheitskreisen „erhebliche Zweifel“ an der Authentizität dieses „Bekennerschreibens“ bestünden. Eine gute und detaillierte Abhandlung darüber, dass es sich dabei um einen (sehr) schlechten Fake handelt, findet man übrigens auf der Website von Der Volksverpetzer.

Das auf Indymedia auch offensichtliche Fake-Bekennerschreiben veröffentlicht werden ist kein neues Phänomen. Die Plattform besitzt einen sogenannten „Open-Posting“-Bereich, wo zunächst ausnahmslos jeder, anonym und ohne jegliche Überprüfung, Texte veröffentlichen kann. Ein Beispiel für ein dort veröffentlichtes Fake-Bekennerschreiben war das einer angeblichen AntiFa-Gruppe nach dem Anschlag auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund im April 2017. Erst im Nachhinein werden vereinzelte Beiträge durch Moderatoren entfernt, wie es wohl auch mit dem „Bekennerschreiben“ im Fall Magnitz passiert ist.

Dass sich das rechtsextreme und neonazistische Dreckspack sofort auf das vermeintliche „Bekennerschreiben“ stürzt und dieses auf allen Kanälen verbreitet, ist nicht überraschend. Beispiele sind das rechtsextreme Lügenschwein Henryk Stöckl (24) aus Hessen, das bereits in der Vergangenheit mehrfach durch die Verbreitung vieler erfundener Falschmeldungen aufgefallen ist, oder die verschwörungstheoretische rechte Plattform PI-News. Viel irritierender ist jedoch, dass auch viele dieser selbsternannten „seriösen Qualitäts- und Leitmedien“, wie z.B. die Welt oder Der Westen, so etwas in Windeseile verbreiten. Von kritischem Hinterfragen und Quellenüberprüfung keine Spur!

[UPDATE 20.01.2019] Das Lügengebäude bröckelt

Mittlerweile liegt das rechtsmedizinische Gutachten vor. Dieses bestätigt, dass die Verletzungen des 66-jährigen Bremer Nazis, eine Riss-Quetschwunde und Hautschürfungen entlang einer Linie am Kopf, durch einen Sturz hervorgerufen worden sind, und eben nicht wie von Magnitz behauptet durch einen Schlag mit einem Kantholz.

Auch die beiden Handwerker, die ja nach einer ersten Darstellung der AfD-Nazis angeblich so couragiert eingegriffen und die Täter in die Flucht geschlagen hätten, haben mittlerweile umfangreiche Aussagen bei der Polizei getätigt. Es handelt sich um Mitarbeiter des alteingesessenen Heizungs- und Sanitärbetriebs Kauscher GmbH aus Papenburg (Landkreis Emsland in Niedersachsen). Deren Aussagen zu Folge haben die beiden Männer den Angriff nicht gesehen und sind erst durch Hilferufe von Magnitz auf den am Boden liegenden AfD-Politiker aufmerksam geworden. Magnitz war schon wieder ansprechbar, als die beiden Handwerker helfen wollten.  Einer der beiden Handwerker sagte bei der Polizei aus, dass Magnitz „sofort“ um ein Foto gebeten, und dass der Politiker ihm zu diesem Zweck sein entsperrtes Smartphone überreicht habe.

In einem parteiinternen Schreiben, welches eigentlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war, nannte Magnitz auch die Motivation: Er wollte mit der Veröffentlichung des Fotos kurz nach dem Angriff auf ihn „mediale Betroffenheit“ erzeugen. Des weiteren heißt es in dem Schreiben:

„Wir haben die gesamte Nation aufgerüttelt und einen Diskussionsprozess in Gang gesetzt, was uns sonst nie gelungen wäre.“

Heinz Kauscher, der Inhaber des Handwerksbetriebs, machte mittlerweile gegenüber der Neue Osnabrücker Zeitung (NOZ) seinem Ärger Luft und beschwerte sich darüber, wie die AfD-Lügner versuchen den Angriff zu Propagandazwecken für sich zu nutzen, indem sie die Fakten verdrehen.

Einer der beiden Handwerker, der Deutsch-Libanese Mohammed Houri, hat von Frank Magnitz bisher noch nicht einmal ein Dankeschön für seine Ersthilfe erhalten.

Die Verharmlosung von Rechtsterrorismus

Gerade die jüngsten Ereignisse in Amberg und in Bottrop/Essen machen durch ihre zeitliche Nähe ein immer wiederkehrendes Muster besonders gut beobachtbar:

Die gesellschaftliche, mediale und durch Politiker betriebene Verharmlosung von Rechtsterrorismus!

Irgendwo passiert etwas, z.B. eine Schlägerei, ein Gewaltverbrechen, ein Messerangriff, oder der Fahrer eines KFZ fährt mit Tötungsabsicht in eine Menschenmenge. Das ruft dann zwei grundsätzlich unterschiedliche Reaktionen hervor, und zwar in Abhängigkeit von Aussehen und der daraus abgeleiteten Vermutung über die Nationalität/Abstammung des bzw. der Täter(s).

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1. Fall: Der/die Täter ist/sind KEINE Deutsche(n/r)

Das Ereignis ist gerade erst in den Nachrichten oder Medien bekannt geworden, schon schäumt und tobt das ekelhafte und feige Wut- und Sorgenbürgertum in den sozialen Netzen, wie Facebook oder Twitter. Kaum ist das widerwärtige Pack™ aus ihren stinkenden Löchern gekrochen, geht die primitive Hetze los. Prominente Politiker von der Nazipartei AfD schmeißen ihre Meme-Generatoren an und fluten alle Kanäle mit ihren peinlichen Bildchen. Politiker der anderen, demokratischen Parteien haben wenigstens noch das bisschen Restanstand den Opfern und deren Angehörigen Trost oder Beileid auszusprechen – beim blau-braunen Arschloch-Sammelbecken AfD kennt man so etwas nicht.

Irgendwann melden sich dann auch die üblichen Verdächtigen aus den anderen Parteien, allen voran unser derzeitiger, inkompetenter Bundesinnenminister-Darsteller Horst Seehofer (CSU oder AfD, man weiß es bei ihm nicht immer so genau). Als wenn er auf ein derart schreckliches Ereignis nur gewartet hätte, werden sogleich Gesetzesänderungen gegen Asylbewerber in Aussicht gestellt. Das soll die kochende deutsche Volksseele beruhigen und natürlich Wählerstimmen bringen.

Unsere sogenannten „Qualitäts- und Leitmedien“, allen voran die Springer-Presse, zeigen in solchen Situationen dann auch immer ihren „Qualitätsjournalismus“, der normalerweise verborgen hinter Bezahlschranken stattfindet. Obwohl die Polizei noch ermittelt und über die Hintergründe der Tat noch nichts weiß – BILD & Co. wissen schon jetzt alles! Ach, der Täter hat kurz vorher „Allahu Akbar“ gerufen?! Na logisch, das MUSS ein islamistischer Terrorist gewesen sein, ganz klar! Und so steht der Begriff „Terrorist“ auch sofort neben Begriffen wie „Islam“, „Asylbewerber“, „südländisch aussehend“ und „Gefährder“ in den Überschriften der Leitartikel. Auch immer ganz wichtig sind die folgenden Fragen, die einer dringenden Klärung bedürfen:

      • Wann distanzieren sich denn endlich die muslimischen Verbände von der Tat?
      • Sind eigentlich alle Moslems so gefährlich?
      • Ist dadurch nicht das „Gastrecht“ verwirkt?
      • Danke, Merkel!

2. Fall: Der/die Täter ist/sind Deutsche(r)

Still ruht der See! Erstmal abwarten, was an der Meldung überhaupt dran ist. Keine Spur vom asozialen braunen Geschmeiß in den Netzwerken. Keine Worte der Trauer oder des Beileids. Keine Memes von den AfD-Nazis bei Twitter, Facebook & Co.

Doch, ein paar wenige, zögerliche Reaktionen vom Neonazi-Dreck und den AfD-Asis gibt es dann doch: Waren der bzw. die Täter überhaupt echte(r) Deutsche(r)? Also, so richtige Bio-Deutsche, mit Arier-Nachweis bis zurück nach Adam und Eva? Oder waren es vielmehr „Passdeutsche“? Ach so, Mist, der Typ heißt Andreas N., also ein urdeutscher Name. Daraus können die rechtsextremen Berufstrolle für ihre Hetze dann doch nichts brauchbares konstruieren.

Auch die „Qualitäts- und Leitmedien“ geben sich zurückhaltend. Auf gar keinen Fall das böse T-Wort benutzen: Terrorismus! Die wichtigste Aufgabe für die Kreativabteilungen bei Presse und Fernsehen ist nun, möglichst viele Euphemismen zu finden. Na gut, von einem „Unfall“ zu sprechen, wenn ein Mann wie in Bottrop und Essen mit einem PKW als Waffe gezielt in Menschengruppen hinein fährt, das wäre wohl zu unangemessen. Auf gar keinen Fall war das aber Terrorismus, daher wird von einer „Amokfahrt“ gesprochen; das ist schön neutral.

Das zweite Wort, welches unbedingt vermieden werden muss, ist „Rassismus“.  OK, Andreas N. (50) fuhr mit seinem silbernen Mercedes-Kombi ausschließlich in Menschengruppen hinein, deren Individuen den äußerlichen Merkmalen nach zu urteilen nicht deutschstämmig waren. Und er nannte seine Opfer „Kanaken“ und „Schwarzfüße“. In Untersuchungshaft sagte er aus, er habe mit seiner Aktion etwaigen Anschlägen durch syrische oder afghanische Flüchtlinge zuvorkommen wollen. Das heißt aber noch lange nicht, dass der Typ ein Rassist gewesen sein muss. „Asyl- und Migrationskritiker“, das hört sich da doch viel besser an, weniger negativ als das böse Wort „Rassist“.

Selbst ein Innenminister stellte fest: „Es gab die klare Absicht von diesem Mann, Ausländer zu töten!” So so, Ausländer. Das heißt, er hat sich vorher den Ausweis zeigen lassen, um die Staatsbürgerschaft seiner Opfer festzustellen? Das heißt, er wäre auch in eine Gruppe Schweden, Dänen oder Polen hinein gefahren? Wohl eher nicht! Das war kein „Fremdenhass“, wie viele Medien schrieben, das war PURER RASSISMUS, der sich gezielt gegen eine ganz bestimmte Gruppe von Menschen gerichtet hat, die über ganz bestimmte äußerliche Merkmale verfügt.

Irgendwann heißt es, der Täter war wohl psychisch gestört. OK, kann ja sein, aber warum schließen sich psychische Gestörtheit und Rassismus aus?

Einen weiteren Hammer leistete sich dann noch der Sprecher des Bundesinnenministeriums Sören Schmidt. Auf der gestrigen Bundespressekonferenz sagte dieser, dass die gezielte Hetzjagden des Rassisten Andreas N. mit einem PKW auf Syrer, Afghanen und einen Mann mit türkischen Wurzeln „im Bereich der Allgemeinkriminalität“ einzuordnen sei:

Fakt ist und bleibt: An Silvester sind betrunkene und gewalttätige Männer ein weit verbreitetes Problem, dessen man sich definitiv annehmen muss, ganz egal, ob die Täter Deutsche oder Nicht-Deutsche sind! Alleine in Köln und Leverkusen ermittelt die Polizei in 86 Fällen wegen vergleichbarer Delikte. Auf dem Oktoberfest in München sind Prügeleien quasi an der Tagesordnung: Im letzten Jahr (2018) kam es dort sogar zu einem Todesfall im Augustiner-Zelt durch einen polizeibekannten 42-jährigen Schläger aus München.

Fakt ist und bleibt aber auch, dass ein rechtsextremer Mann, der sein Auto als Waffe benutzt um vier Mal in eine Menschenmenge hineinzufahren, qualitativ mit Prügeleien nicht auf eine Stufe gestellt werden kann. Das ist zweifelsfrei vierfacher Mordversuch! DAS IST RECHTSTERRORISMUS, begünstigt und beklatscht durch die Nazipartei AfD und ihre widerwärtige Anhängerschaft.

COMPACT raus aus den Zeitschriftenregalen!

In den sozialen Medien gibt es derzeit zahlreiche Proteste sowohl gegen die Kölner Lebensmittel-Einzelhandelskette Rewe-Markt GmbH, die mit rund 3.300 Märkten der zweitgrößte Lebensmitteleinzelhändler in Deutschland ist, als auch gegen die Einzelhandelskette Real der Metro AG. Grund der Proteste ist die Tatsache, dass sowohl in einigen REWE- und auch Real-Märkten die rassistische und rechtsextreme Publikation »COMPACT – Magazin für Souveränität« aus dem Verlag Compact-Magazin GmbH zum Verkauf ausliegt. Dort findet man das antisemitische, homophobe und rassistische Schmutzblatt ganz normal in der Zeitschriftenauslage, neben dem GEO-Magazin und der Auto-BILD.

So fragt ein Nutzer mit dem Twitter-Handle @jensbest:

Sagen Sie mal, @REWE_Supermarkt, warum verkaufen Sie rechtsextreme Propaganda in Ihren Läden?

Eine Beantwortung noch 2018 wäre gut, damit Demokratie und Rechtsstaat bevorzugende Konsumenten 2019 ihr Einkaufsverhalten entsprechend umstellen können.

tweet-jensbest-compact-rewe
Auf Twitter verlangt @jensbest vom @REWE_Supermarkt eine Stellungnahme.

Wer steckt hinter COMPACT?

Chefredakteur von COMPACT ist der rechtsextreme, antisemitische und anti-amerikanische Aktivist und Autor Jürgen Elsässer (61) aus Falkensee (Brandenburg). Elsässer war in seinem früheren Leben Kommunist und verachtete den Nationalstaat. Doch das ist lange her. Heute gilt Elsässer als einer der Chefideologen der neurechten Bewegung. Er hat sein seit 2010 erscheinendes COMPACT-Magazin mittlerweile ganz klar als AfD-Wahlkampfinstrument positioniert, trat im Februar 2018 als Redner beim sogenannten Politischen Aschermittwoch der Nazipartei AfD in Pirna (Sachsen) auf, und war auch regelmäßiger Redner auf Veranstaltungen des rassistischen Dresdner Bündnisses Pegida.

Im COMPACT-Magazin (Der Verlag gibt selbst an, monatlich 80.000 Exemplare zu verkaufen) kommen Rechtsextremisten aller Couleur auf ihre Kosten, sei es der völkisch-nationalistische Flügel der AfD, die rechtsextreme und vom Verfassungsschutz beobachtete Identitäre Bewegung (IB) oder die Rassisten und Nazis aus dem Umfeld von Bündnissen wie Pegida, Legida, Bärgida & Co. Das Heft versucht unterschiedliche rechte Strömungen zu integrieren und leistet einen signifikanten Beitrag zur Radikalisierung der rechtsextremen Szene Deutschlands. Seit der sogenannten „Flüchtlingskrise“ im Jahr 2015 ist ein Schwerpunkt des Magazins die rassistische Hetze gegen Geflüchtete. Ein Sonderheft widmete sich kürzlich sogar der Forderung nach einer Freilassung der NSU-Terroristin Beate Zschäpe.

Wie reagieren die Einzelhändler?

REWE antwortete auf Twitter u.a. wie folgt:

„(1) Wer Presseerzeugnisse verkaufen möchte, darf weder Zeitschriften boykottieren, noch aus dem Sortiment verbannen. Der Handel mit Presseerzeugnissen unterliegt besonderen Regeln, die dem Schutz der uneingeschränkten Pressefreiheit (Art. 5 Grundgesetz) dienen.”

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Diese Aussage kann schon mal grundsätzlich als falsch eingeordnet werden. Als privatwirtschaftliche Unternehmen kann kein Händler gezwungen werden, bestimmte Zeitschriften oder Presseerzeugnisse in sein Sortiment aufzunehmen. Selbstverständlich wird eine Auswahl getroffen, ansonsten müsste ja jeder Supermarkt alle Presseprodukte (Täglich erscheinen in Deutschland alleine mehr als 350 Tageszeitungen) die es gibt im Sortiment haben, was wohl den verfügbaren Platz im Ladengeschäft sprengen dürfte.

Von besonderer Unkenntnis über die Rechtslage zeugt insbesondere der Hinweis auf Artikel 5 Grundgesetz. Bei den Grundrechten in unserer Verfassung, den Artikeln 1 bis 20 GG, handelt es sich um Schutz- und Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat! Artikel 5 besagt, dass jeder Bürger das Recht hat, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten; der Staat(!) darf keine Zensur ausüben. Handelsketten wie REWE oder Real sind aber nun mal nicht der Staat. Selbstverständlich darf ein solches Privatunternehmen frei entscheiden, welche Presseprodukte es in seinem Sortiment führen möchte; alles andere wäre absurd.

Wenn REWE oder Real sich also auf das Grundgesetz und auf die Pressefreiheit beziehen, und behaupten, dass sie dadurch angeblich zum Verkauf von COMPACT verpflichtet seien, so ist das einfach ganz großer Blödsinn!

Ein weiteres, von REWE vorgebrachtes „Argument“ ist, dass man ja komplett fremdgesteuert durch den Grossisten sei:

„Wir haben keinen Einfluss auf Presseerzeugnisse im Markt. Die Auswahl macht der Grossist. Dies ist ein Grundrecht der Pressefreiheit. Viele Grüße, dein REWE Team”

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Zur Erläuterung: Ein Grossist ist im Verlagswesen die Handelsstufe zwischen dem Verlag und dem Einzelhändler.

Auch diese Aussage, man habe keinen Einfluss darauf, entbehrt jeglicher Grundlage. Weder ist der Grossist verpflichtet, einen Vertrag mit einem rechtsextremen Verlag abzuschließen, noch muss er ein rechtsextremes Magazin einem Zeitschriftenpaket für einen Supermarkt hinzufügen. Und was da wieder der hanebüchene Hinweis auf das Grundrecht der Pressefreiheit zu suchen hat: siehe oben!

So richtig haarsträubend falsch und fast schon peinlich wurde es dann mit diesem Tweet von REWE:

„(3) Jeder Eingriff – wie etwa das Entfernen aus dem Sortiment – ist eine Zensur, diskriminierend und strafbar. Mehr Informationen zum Thema findest du unter https://www.pressegrosso.de/branche/pressevertrieb.html

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Bitte?! Das Nicht-Anbieten eines Magazins soll also „diskriminierend und strafbar“ sein? Wie lautet denn da bitte der Straftatbestand? Wer wird dadurch diskriminiert?

Es ist schon erschreckend genug, dass ausgerechnet ein Social-Media-Team die Definition von Zensur nicht kennt. Allerdings jetzt auch noch zu behaupten, dass das strafbar sei, ist an Lächerlichkeit kaum noch zu überbieten. Allenfalls könnten einzelne Klauseln in den Verträgen oder andere Absprachen zwischen dem Grossisten und der Supermarktkette betroffen sein. Also nichts, was man nicht ändern könnte!

Fakt ist: Kein Händler ist verpflichtet Produkte anzubieten, die er ablehnt. Das gilt auch für Magazine, Zeitschriften und andere Presseerzeugnisse. Sogar der völlige Verzicht auf diese Produktkategorie wäre vorstellbar; dann wird das Zeitschriftenregal eben abgebaut.

Wenn also ein Supermarkt rechtsextreme, rassistische und homophobe Magazine wie COMPACT, Junge Freiheit, Cicero, usw. anbietet, dann ist das eine bewusste Entscheidung. Man sollte dann aber auch seitens dieser Märkte wenigstens so ehrlich sein und zugeben, dass man aus Profitgründen die rechtsextreme Klientel bedienen möchte. Und man sollte auch gut erklären können, wie diese Entscheidung mit den Regenbogenaufklebern an den Eingangstüren diverser REWE-Märkte und dem LGBT-Netzwerk di.to in Einklang zu bringen ist. Und man muss auch erklären können, wie sich das mit folgendem Zitat von der REWE-Group-Webseite verträgt:

„Schon wegen ihrer genossenschaftlichen Tradition fühlt die REWE Group sich verpflichtet, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen.“

Neonazi in der Opferrolle: Jens Maier

Es ist kein Geheimnis, dass das Verhältnis der Nazipartei AfD zur grundgesetzlich garantierten Pressefreiheit (Art. 5 GG) und zu den Medien mehr als schwierig ist. Nach Belieben schließt die rechtsextreme Partei Journalisten und Pressevertreter von ihren Veranstaltungen aus.

Bei den kleinen Parteitagen, den so genannten „Konventen“, werden Medien per se immer ausgeschlossen – ohne Ausnahme! Bei anderen Veranstaltungen kommt es darauf an. Der baden-württembergische AfD-Landesverband hat beispielsweise im November 2016 den Medien den Zugang zum Landesparteitag ebenfalls komplett verwehrt. Auf diesem Parteitag fand die Aufstellung der Kandidaten für die Bundestagswahl 2017 statt; durchaus ein Vorgang, der in einer Demokratie von großem öffentlichen Interesse ist. Bei anderen AfD-Veranstaltungen werden hingegen nur handverlesene und genehme Journalisten zugelassen. Und manchmal werden Journalisten unter dem tosenden Beifall aller AfD-Nazis während eines Parteitages von Ordnern hinausgeworfen, wie beispielsweise im Januar 2017 im sächsischen Klipphausen, als ein Redakteur der Sächsischen Zeitung des Saals verwiesen wurde.

Auf ihrem letzten Bundesparteitag in Augsburg am 01.07.2018 hat die AfD entschieden, dass die Presse von Parteitagen ausgeschlossen werden kann, wenn die Mehrheit der Delegierten das wünscht. Diverse Juristen und Verfassungsrechtler halten das für problematisch, denn laut Artikel 21 des Grundgesetzes sind Parteien verpflichtet, an der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken. Daraus ergäbe sich eine Pflicht der Parteien, eine ausreichende und für diese politische Willensbildung geeignete Berichterstattung durch Journalisten zuzulassen.

Was aber hat das nun alles mit dem völkisch-nationalistischen AfD-Bundestagsmitglied, Rassisten und Rechtsterroristen-Versteher Jens Maier (56) aus Dresden (Sachsen) zu tun?

Wie schon in den vergangenen zehn Jahren, hatte auch in diesem Jahr der linke Jugendverein „Roter Baum“ aus Dresden am Morgen des 24. Dezember in das traditionsreiche Filmtheater Schauburg eingeladen. Dieser Verein setzt sich dezidiert gegen Rechtsextremismus und Faschismus ein. Gezeigt wurde, wie am Heilig Abend üblich, der satirische Monty Python-Klassiker „Das Leben des Brian“.

Und wer saß in diesem Jahr zur Überraschung aller auch im Publikum? Richtig: Der AfD-Bundestagsnazi Jens Maier, gemeinsam mit seiner Verlobten, der Reichsbürgerin Christina B. (53).

Eine offensichtlich geplante Provokation! Und zu welchem Zweck? Damit Maier das übliche Spiel spielen kann, das die asozialen AfD-Schergen am besten beherrschen: Die mitleiderregende Selbstinszenierung als Opfer!

Da von vornherein klar war, dass selbst an Weihnachten niemand mit einem ekelhaften Rechtsextremisten und Rassisten gemeinsam in einem Kino sitzen möchte, regte sich unter den ca. 400 anderen Anwesenden der Unmut. Und so kam es, wie es kommen musste: Der Veranstalter berief sich auf das Hausrecht und verwies Maier mitsamt seiner Verlobten des Saals.

Für den rechtsextremen Provokateur Maier war das natürlich eine Steilvorlage und so setzte schon kurz danach das übliche Opfer-Mimimi auf den sozialen Netzwerken ein.

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Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter geriert sich der Neonazi Jens Maier als armes Opfer.

Auf seinem Facebook-Account äußerte sich der Neonazi in der typisch rechtsextremen Rhetorik noch ausführlicher und baute eine Brücke zu den bevorstehenden Kommunal- und Landtagswahlen in Sachsen am 01. September 2019:

„[…] Die extremen Linken aus der Rot-Rot-Grünen Ecke sind bekannt für ihre totalitären Herrschaftsansprüche nach den Ideologien der großen Diktaturen des 20. Jahrhunderts.
Dabei bedienen sie sich der ahnungslosen, gutmenschlichen linksgrünen Wählerschaft, denen sie vermutlich alles verkaufen können, Hauptsache das Etikett trägt die Aufschrift „demokratisch“.

Die Kommunal- und Landtagswahl 2019 in #Sachsen wird somit auch zur Schicksalswahl für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung. […]“

Quelle: Facebook; zuletzt eingesehen am 27.12.2018

Wir fassen kurz zusammen

Januar 2017: Auf einem Landesparteitag der sächsischen AfD in Klipphausen wird einem Journalisten die Berichterstattung verweigert, indem dieser von Ordnern und unter tosendem Applaus der anwesenden Nazis – unter ihnen übrigens auch Jens Maier, der auf diesem Parteitag auf den zweiten Listenplatz für die Bundestagswahlen gesetzt wurde – hinausgeworfen wird. Kein Problem für das blau-braun versiffte Arschloch-Sammelbecken.

Dezember 2018: Jens Maier taucht plötzlich während einer Sonderfilmvorstellung eines gemeinnützigen, linken Jugendvereins auf. Nachdem er als unerwünschte Person des Saals verwiesen wurde geriert sich der Neonazi in den sozialen Netzwerken als armes, unschuldiges Opfer der „extremen Linken“ und der „gutmenschlichen linksgrünen Wählerschaft“. Empörtes Geschrei beim blau-braun versifften Arschloch-Sammelbecken.

Dieses mit zweierlei Maß messen zeigt sehr deutlich die tiefe Verlogenheit der AfD-Nazis.